Einfach unbeschwert Kind sein

„Gäubote“-Weihnachtsaktion: Der Arbeitskreis „Miteinander – Füreinander“ unterstützt auch das Projekt „Erleben verbindet“ des Jugendhospizdiensts.

Von Jutta Krause

Lesedauer: ca. 3min 35sec
Beim Treffpunkt „Erleben verbindet“ können Kinder und Jugendliche abschalten – zur Weihnachtszeit gibt es oft Bastelnachmittage oder auch einmal einen Zauberworkshop.GB-Foto (Symbolbild): Helena Garcia/stock.adobe.com

Beim Treffpunkt „Erleben verbindet“ können Kinder und Jugendliche abschalten – zur Weihnachtszeit gibt es oft Bastelnachmittage oder auch einmal einen Zauberworkshop.GB-Foto (Symbolbild): Helena Garcia/stock.adobe.com

„Ich habe die schönste Aufgabe von allen! Mein Job ist es, den Kindern trotz aller Sorgen und Ängste einen schönen Tag zu gestalten, an dem sie einfach nur Spaß haben können“, schwärmt Manuela Mikus, die beim Ökumenischen Hospizdienst Böblingen für die Verwaltung des gesamten Hospizdiensts zuständig ist und beim Kinder- und Jugendhospizdienst (Kiho) den monatlich stattfindenden Aktionstag „Erleben verbindet“ betreut. Zu diesem Tag werden nicht nur alle Kinder und Jugendlichen eingeladen, die derzeit vom Kiho betreut werden, sondern auch diejenigen, bei denen die Begleitung bereits zu Ende gegangen ist. Auch für sie stellt der Tag, an dem gemeinsame Freizeitaktivitäten mit anderen Kindern auf dem Programm stehen, eine gute Gelegenheit dar, alte Bekannte wiederzusehen. Da diese beliebten Aktionstage indes nur über Spenden finanziert werden können, ist ein Teil der bei der „Gäubote“-Weihnachtsaktion gesammelten Spenden auch für „Erleben verbindet“ vorgesehen.

Das Angebot richtet sich an Kinder und Jugendliche zwischen drei und 18 Jahren, mal sind die geplanten Aktivitäten eher auf die Kleineren zugeschnitten, mal auf die Größeren und manchmal sind es Dinge, die allen Altersgruppen gleichermaßen Spaß machen. Einige kommen regelmäßig zu dem offenen Angebot, andere entscheiden eher nach Interessenlage und Terminkalender. Besonders gut besucht sind die Highlights im Jahreslauf wie etwa der Besuch im Hochseilgarten oder das vorweihnachtliche Kerzenziehen, das längst zur beliebten Tradition geworden ist – zumal es da für jedes Kind ein kleines Geschenk gibt.

Mit einem Team von Ehrenamtlichen plant Manuela Mikus die Veranstaltungen. „Jeder, der eine schöne Idee hat, kann Vorschläge machen. Gemeinsam besprechen wir dann, wie man das umsetzen kann“, erzählt Manuela Mikus. Dabei steht ihr immer mindestens eine ehrenamtliche Mitarbeiterin zur Seite. Das Programm ist bunt gemischt: vom Tobe-Nachmittag in der Sporthalle über Malen, Zeichnen und 3-D-Collagen im Kunstatelier, Kartoffeln setzen im Gemüsegarten, bis hin zum Zubereiten von Veggie-Döner oder einem Besuch auf den Kamel-Hof.

Auch für die Eltern ist das Angebot eine wertvolle Möglichkeit, sich auszutauschen. Manchmal entstehen dabei Bekanntschaften, man teilt ein Stück der Wegstrecke. Manchmal wachsen sogar Freundschaften. „Die gemeinsamen Unternehmungen mit anderen Leuten in einer ähnlichen Situation sind sehr wichtig!“, betont der Vater einer siebenjährigen Tochter, die sich auf die monatlichen Treffen freut. Ihre Mutter ist vor zwei Jahren gestorben, hier begegnet sie anderen Kindern, die auch nur noch ein Elternteil haben oder schwer kranke Geschwister. „Mein Sohn trifft hier seine Lieblingsmenschen“, betont eine Mutter, deren 13-jähriger Sohn gern zu den Aktionstagen kommt. „Hier spüren die Kinder: Sie sind nicht allein. Es gibt auch andere Kinder, bei denen ein Elternteil verstorben ist. Alle haben das Gleiche erlebt und machen jetzt was Tolles miteinander.“ Der Teenager hat Manuela Mikus und seine ehrenamtliche Begleiterin, die an diesem Nachmittag ebenfalls mit dabei ist, ins Herz geschlossen, sie sind wichtig für ihn.

An diesem Samstag steht die Magie im Mittelpunkt. Zauberer Fedor zeigt den Kindern ein paar Tricks und Kniffe aus seiner Zauberkiste und schafft es dabei, auch die anfangs weniger Interessierten ins Boot zu holen. Ein paar Stunden fleißiges Üben, dann kommen die Eltern dazu und die Zauberlehrlinge können zeigen, was sie gelernt haben. In dem kleinen Häuschen am Ortsrand, wo das Treffen stattfindet, bullert der Ofen und verbreitet wohlige Wärme. Die Stimmung ist herzlich, fröhlich und ausgelassen. Alle machen ihre Sache gut und ernten viel Applaus. „ Ihr habt das ganz toll gemacht! Das verdient großen Respekt“, lobt der Zauberer, der bereits zum zweiten Mal einen Nachmittag bei „Erleben verbindet“ gestaltet. „Der Kinderhospizdienst macht hier eine ganz fantastische Arbeit!“, schwärmt er. „Die Kids gehen begeistert nach Hause – was will man mehr?“ Tatsächlich hatten alle Beteiligten ihre Freude an dem Schnellkurs in Magie. Anschließend ist noch Zeit für Gespräche. „Wie funktioniert denn dein Trick?“, will eine Mutter wissen. „Das verrat ich doch nicht“, antwortet der Nachwuchs entrüstet. Schließlich ist es Ehrensache, dass dieses geheime Wissen nicht weitergegeben wird.

Was auch immer sie derzeit in ihren Familien erleben, welchen Verlust sie verarbeiten müssen: Bei „Erleben verbindet“ vergessen die Kinder all das für ein paar Stunden. Es ist für sie ein geschützter Raum, an dem sie lachen oder weinen können. Wo sie den Alltag hinter sich lassen und einfach unbeschwert Kind sein dürfen. „Die älteren Kinder tauschen Handynummern aus und die Kleinen freuen sich einfach, wenn sie sich hier sehen und sprechen sich manchmal ab, zu welchen Events sie kommen wollen“, weiß Manuela Mikus. Doch auch die Trauer hat hier Platz, wenn sie sich Weg bahnt, etwa weil gerade etwas an das verlorene Familienmitglied erinnert. „Wir sind für die Kinder da, wenn sie reden oder Fragen stellen wollen“, betont Manuela Mikus. „Wir setzen uns zu ihnen und hören zu, wenn sie das wünschen. Manchmal machen sie das auch untereinander aus. Wenn jemand etwas erzählen will, ist dafür Raum, wenn keiner reden will, redet eben keiner.“

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Erstellt:
14. Dezember 2024

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