Immer mehr Kinder begehen Straftaten
Kreis Böblingen: Die Polizei registriert in ihrer Kriminalitätsstatistik einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen bei hoher Aufklärungsquote. Diebstahlsdelikte bilden erneut den größten Anteil.
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Die Fälle von Schulhofgewalt stiegen auf den höchsten Wert der vergangenen zehn Jahre. GB-Foto: Polizei-Beratung
Nach einem Rückgang der Fallzahlen im Vorjahr stieg die Anzahl aller beim Polizeipräsidium Ludwigsburg registrierten Straftaten im Jahr 2024 auf 42 518 Fälle deutlich an (plus 6210). Dies entspricht einem Anstieg von 17,1 Prozent. Dabei machte sich der Zuwachs im Landkreis Ludwigsburg mit 19,3 Prozent etwas stärker bemerkbar als im Landkreis Böblingen (14,1 Prozent). „Leider hat sich 2024 die positive Entwicklung der Fallzahlen aus den Vorjahren nicht fortgesetzt, und wir hatten es mit deutlich mehr Straftaten zu tun. Die gute Aufklärungsquote zeigt jedoch, dass unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte dieser Anforderung voll gewachsen waren. So konnten 65,2 Prozent aller Fälle auch aufgeklärt werden. Das ist das zweitbeste Ergebnis der vergangenen zehn Jahre, liegt gut zweieinhalb Prozentpunkte über der durchschnittlichen Aufklärungsquote im Land und belegt, dass unsere Einsatzkräfte allen Belastungen zum Trotz hervorragende Arbeit geleistet haben“, fasst der Leiter des Polizeipräsidiums Ludwigsburg, Thomas Wild, zusammen.
Betrachtet man die Verteilung der Straftaten, so stellt die Diebstahlkriminalität mit 24 Prozent erneut den anteilig größten Bereich dar. Gleich darauf folgen Rohheitsdelikte mit einem Anteil von 22,3 Prozent sowie mit etwas Abstand die Vermögens- und Fälschungsdelikte mit 16,3 Prozent aller Straftaten. „Die Tendenz aus 2023 setzt sich durch die Bank fort. Ob Körperverletzungen oder Bedrohungen, ob Gewalt gegen Polizeibeamte, innerfamiliäre Gewalt oder Schulgewalt: Überall nehmen die Fallzahlen sowie die Zahl der Tatverdächtigen zu. Das ist eine Herausforderung, der wir uns auch künftig vermehrt stellen müssen. Der Ton wird leider insgesamt rauer“, so Thomas Wild.
Die Zahl der tatverdächtigen Personen stieg im Berichtsjahr deutlich um 3122 Personen an (plus 17,3 Prozent). Der Anteil der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit beträgt 53,8 Prozent. Ausländische Tatverdächtige stellen einen Anteil von 46,2 Prozent aller Tatverdächtigen, davon sind 28,9 Prozent asylsuchende Personen oder Flüchtlinge. Männer stellen mit 76 Prozent aller Tatverdächtigen den größten Anteil. Bei ausländischen Tatverdächtigen liegt der Männeranteil bei 78,8 Prozent, bei Asylsuchenden/Flüchtlingen bei 81,5 Prozent. Auf die Altersgruppen bezogen sind die mit Abstand meisten Tatverdächtigen zwar Erwachsene (78,5 Prozent aller Tatverdächtigen). Es fällt aber auf, dass prozentual betrachtet die Altersgruppe der Kinder den anteilig höchsten Zuwachs verzeichnet. So wurden 2024 insgesamt 1226 Kinder mit Straftaten auffällig, was einem Anstieg von 231 Personen oder 23,2 Prozent entspricht. Damit wurden fast so viele tatverdächtige Kinder registriert wie Tatverdächtige aus der Altersgruppe der Heranwachsenden (1247 Personen). Die Zahl jugendlicher Tatverdächtiger stieg ebenfalls auf 2067 Personen an.
Neben der Zahl der Tatverdächtigen nahmen auch die Fallzahlen im Bereich der Jugendkriminalität von 4 985 auf 5 457 Fälle. Dabei ist der Anstieg der durch Kinder begangenen Straftaten besonders auffallend, während die Zunahmen der Fälle bei Jugendlichen und Heranwachsenden deutlich geringer ausfallen. „Die zunehmende Jugendkriminalität sowie die immer größer werdende Zahl delinquenter Kinder und Jugendlicher ist ein Problem, das uns weiterhin beschäftigt“, erklärt Thomas Wild. „Die Zahlen spiegeln aber auch wider, dass wir immer wieder Schwerpunkte in dem Bereich gesetzt und viele Kontroll- und Einsatzmaßnahmen durchgeführt haben. So ist es uns beispielsweise in den Bereichen Ditzingen und Herrenberg gelungen, rasch auf die Entwicklungen zu reagieren und den Aktivitäten der dortigen Jugendgruppierungen nachhaltig Einhalt zu gebieten.“
Der kontinuierliche Anstieg der Rohheitsdelikte/Delikte gegen die persönliche Freiheit setzte sich auch 2024 weiter fort. Die Fallzahlen stiegen um knapp 2 000 auf 9 476 Fälle an und markieren damit den höchsten Stand der vergangenen zehn Jahre. Die bedeutsamsten Anstiege verzeichnen hier die Deliktsbereiche der Bedrohung (plus 30,4 Prozent), Nötigung (plus 28,7 Prozent) und Körperverletzungsdelikte (plus 26 Prozent). Die Fälle von Schulgewalt stiegen auf den höchsten Stand der vergangenen zehn Jahre auf 281 Fälle an. Wie bei den Rohheitsdelikten dominieren auch hier Körperverletzungsdelikte sowie die Bedrohungen.
Einen weiteren Höchststand im Zehn-Jahres-Vergleich erreichten im Jahr 2024 die Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte. Insgesamt 524 Fälle waren zu verzeichnen (plus 144), von denen 1368 polizeiliche Einsatzkräfte betroffen waren. 215 Personen wurden dabei leicht und eine Person schwer verletzt. Erfreulich hingegen ist, dass die Gewalt gegen Rettungskräfte im Jahr 2024 von 27 auf 21 Fälle zurückging. Leider wurden dabei dennoch acht Personen leicht verletzt. Die Zahl der Messerangriffe erhöhte sich auf 222 Vorfälle (plus 39). Etwas mehr als ein Drittel davon wurde im öffentlichen Raum begangen.
Nachdem die Straftaten im öffentlichen Raum in den letzten Jahren tendenziell rückläufig waren, stiegen sie im Jahr 2024 auf den höchsten Stand im Zehn-Jahres-Vergleich an. Insgesamt 17 192 Fälle wurden erfasst. Damit machten die Straftaten im öffentlichen Raum gut 40 Prozent aller registrierten Straftaten aus. Die höchsten Zunahmen waren in den Bereichen Sachbeschädigung, Bedrohung und Körperverletzung zu verzeichnen. Die Zahl der Straftaten, die insgesamt durch nichtdeutsche Tatverdächtige begangen wurden, stieg um 2430 Fälle auf 13 333 Fälle an (plus 22,3 Prozent). Darunter befinden sich 649 rein ausländerrechtliche Verstöße, die mit einem Anteil von unter fünf Prozent aller durch Nichtdeutsche begangenen Straftaten somit kaum ins Gewicht fallen. Ebenfalls deutlich erhöht haben sich die durch Asylbewerber/Flüchtlinge begangenen Straftaten (plus 981). Wie bei den gesamten Tatverdächtigen fallen auch bei Nichtdeutschen und Asylbewerbern/Flüchtlingen die Zunahmen in den Altersgruppen der tatverdächtigen Kinder und Jugendlichen besonders stark aus. -pb-