Jeden Morgen im Albtraum aufgewacht

„Gäubote“-Weihnachtsaktion: Conny S. erzählt die Geschichte ihres an Krebs erkrankten Sohnes, den der Kinder- und Jugendhospizdienst durch eine schwere Zeit begleitet – und zur Stütze der ganzen Familie wird.

Von Von Jutta Krause

Lesedauer: ca. 4min 15sec
Wie schön kann schaukeln sein – vor allem für Kinder, die ihrer Krankheit wegen nicht mit Gleichaltrigen spielen dürfen und die meiste Zeit ihres jungen Lebens in Kliniken verbringen müssen.GB-Foto (Symbolbild): Daria Kryv/stock.adobe.com

Wie schön kann schaukeln sein – vor allem für Kinder, die ihrer Krankheit wegen nicht mit Gleichaltrigen spielen dürfen und die meiste Zeit ihres jungen Lebens in Kliniken verbringen müssen.GB-Foto (Symbolbild): Daria Kryv/stock.adobe.com

Wenn es einem Kind gesundheitlich nicht gut geht, leiden die Eltern immer ein bisschen mit – selbst wenn es sich nur um eine simple Erkältung handelt. Ist das Kind schwer oder gar lebensverkürzend erkrankt, dann ist das eine außerordentliche Belastung, die alle Beteiligten an ihre Grenzen bringt und das Familienleben durcheinanderwirft. Wie hilfreich in dieser schwierigen Situation eine Begleitung durch den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst sein kann, dessen Arbeit der Arbeitskreis „Miteinander–Füreinander“ mit der diesjährigen „Gäubote“-Weihnachtsaktion, „Kinder.Leben.Abschied“ unterstützt, hat Conny S., die Mutter eines mittlerweile sechsjährigen Jungen, selbst erfahren. Dem „Gäubote“ hat sie ihre Geschichte erzählt.

Als ihr Luca vermehrt über Bauch- und Rückenschmerzen klagt, denkt sie zunächst an nichts Schlimmes. „Er war schlapp, es ging ihm nicht so gut wie sonst. Aber die Symptome sind zwischendurch auch immer wieder weggegangen“, erinnert sich Conny S. an die ersten Anzeichen. Auch der Kinderarzt geht von einer harmlosen Verstopfung aus. Als es nicht besser wird, stellt Conny S. ihren damals vierjährigen Sohn im Krankenhaus vor. Eine Ärztin entdeckt „etwas Rundes, das da nicht hingehört“ in Lucas Bauch. Weitere Untersuchungen bestätigen den Anfangsverdacht: Auf Lucas Nebenniere befindet sich ein Tumor im fortgeschrittenen Stadium, ein sogenanntes Neuroblastom, das bereits Metastasen gebildet hatte.

Diese Diagnose verändert das Leben der Familie S. mit einem Schlag. Eine lange, von Krankenhausaufenthalten und Arztbesuchen, Hoffen und Bangen - und Mitleiden - geprägte Zeit beginnt. „Es war die Hölle! Wir sind abends erschöpft eingeschlafen, nur um dann morgens wieder in diesem Albtraum aufzuwachen“, erzählt Conny S. In den folgenden eineinhalb Jahren muss sich der Junge so ziemlich allen Therapien unterziehen, die die moderne Medizin für diese Krankheit im Köcher hat: Fünf Zyklen Chemotherapie, in denen sich je eine Woche Chemo mit zwei Wochen Pause abwechseln, gefolgt von einer siebenstündigen Operation, in der die Ärzte versuchten alle Krebszellen aus Lucas Körper zu entfernen sowie ein weiterer Chemo-Zyklus. Als sich danach immer noch Krebszellen in seinem Körper befinden, folgen mehrere Zyklen Immuntherapie, Bestrahlung sowie eine Hochdosis-Chemo, die alle Stammzellen in seinem Rückenmark zerstörte.

„Das waren lange eineinhalb Jahre!“, betont Conny S. „So eine Therapie fühlt sich ewig an, weil es so schwer ist, mit anzusehen, wie das eigene Kind leidet. Und man kann nicht viel machen, kann ihm nichts abnehmen, nur da sein und ihm beistehen.“ Statt im Kindergarten verbringt Luca sehr viel Zeit im Krankenhaus oder isoliert zu Hause. Zu heikel ist das Spielen mit Gleichaltrigen, wegen der Gefahr einer Infektion, gegen die sich Lucas von den Behandlungen geschwächter Körper nicht hätte wehren können. Schon ein leichtes Fieber ist Grund genug für den nächsten Krankenhausbesuch. Die Familie pflegt fast keine Außenkontakte mehr, außer Mama und Papa sieht der Junge allenfalls noch seine Großeltern.

Im Krankenhaus erfährt Conny S. vom Kinderhospizdienst. „Eigentlich eine gute Idee“, denkt sie. „Luca hat so wenig Kontakt, da wäre es schön, wenn ihn jemand besucht und mit ihm spielt.“ Sie haben Glück, denn die ehrenamtliche Begleiterin, die kurz darauf regelmäßig zu Besuch kommt, und der Junge verstehen sich auf Anhieb und werden im Lauf der Zeit gute Freunde. „Luca freut sich jedes Mal, wenn sie kommt. Sie spielt mit ihm, schenkt ihm Zeit und hat ihn auch im Krankenhaus besucht. Für mich waren ihre Besuche auch eine große Entlastung. Das war sehr wertvoll. Dabei ist eine richtige Freundschaft entstanden – zu Luca und auch zu mir.“ Schließlich habe man auch viel zusammen durchgestanden. Die Möglichkeit, mit jemanden über all das zu sprechen habe sie ebenfalls als hilfreich empfunden. „Die Begleitung durch den Kinderhospizdienst hat uns allen gut getan und uns auf jeden Fall geholfen durch diese schwere Zeit. Der Hospizdienst macht eine sehr wichtige Arbeit, die sollte unterstützt werden, damit sie weitergehen kann. Weil das für die betroffenen Familien einfach wichtig ist“, ist Conny S. überzeugt. Die gute Nachricht: Nach derzeitigem Stand ist Luca krebsfrei. Ein Happy-End also, wenn auch noch niemand von Heilung zu sprechen wagt. Der heute Sechsjährige ist im Nachsorgeplan und erholt sich gerade in der Reha von dem mühevollen Weg zurück in eine hoffentlich normale Kindheit. Seine Mutter ist vorsichtig optimistisch, ihr sitzen die bangen Monate noch in den Knochen, noch vertraut sie dem Glück nicht ganz. „Mit so einer Diagnose merkt man erst, wie unwichtig die ganzen alltäglichen Dinge sind. Man würde alles hergeben, was man besitzt, nur damit das Kind gesund ist, weil sonst alles keinen Wert hat“, betont sie. „Solang der Krebs wegbleibt, sind wir glücklich, mehr wollen wir gar nicht.“

Trotz seiner langen Krankengeschichte bleibt Luca eine Frohnatur – dazu trägt auch die Begleitung durch den Kinderhospizdienst bei. Conny S. hofft, dass er vieles aus der hinter ihnen liegenden Zeit vergisst, wenn er größer wird. Seine Begleiterin und Freundin in schwierigen Zeiten wird er indes sicher nicht so schnell vergessen.

Spenden für Kinderhospizdienst

Kinder.Leben.Abschied. So lautet das Motto der diesjährigen „Gäubote“-Weihnachtsaktion in Kooperation mit dem Arbeitskreis „Miteinander – Füreinander“. Dabei geht es um den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst des Evangelischen Diakonieverbands. Er bietet Begleitung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die schwer erkrankt sind oder sich in ihrer letzten Lebensphase befinden. Auch Kinder, die um ihre Eltern oder Geschwister trauern, finden hier Unterstützung. Mit den Spenden der „Gäubote“-Weihnachtsaktion soll die ehrenamtliche Komponente der Hospizarbeit gestärkt werden, für die es keine feste Finanzierung gibt.

Dem Arbeitskreis „Miteinander – Füreinander“ gehören neben dem „Gäubote“ und den Kirchen Vertreter der Diakonie, der Stadt Herrenberg und der Bürgerstiftung an.

Gerne veröffentlicht der „Gäubote“ Ihren Namen und Ihren Wohnort, wenn Sie spenden – dies geschieht dann sowohl in der Printausgabe als auch auf dem Online-Portal www.gaeubote.de. Hierzu müssen Sie allerdings ausdrücklich Ihre Zustimmung bei der Überweisung geben.

Für „Miteinander – Füreinander“ und damit für den Jugend- und Hospizdienst ist dieses Wochenende auf dem Herrenberger Weihnachtsmarkt ein grüner Nikolaus unterwegs. Die Spenden, die er für kleine Holznikoläuse aus seinem Bauchladen einsammelt, sind allesamt für die „Gäubote“-Weihnachtsaktion bestimmt.

Haben auch Sie eine Idee für eine besondere Spendenaktion? Gerne können Sie uns per Mail an redaktion@gaeubote.de kontaktieren. Wir freuen uns darauf und berichten selbstverständlich darüber.-did-

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Erstellt:
7. Dezember 2024

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