Kripo löst fast 25 Jahre alten Mordfall
Fast 25 Jahre lang blieb der Mord an Brigitta Jacobi ein Rätsel. Die Kriminalpolizei Böblingen hat dieses jetzt offensichtlich geknackt. Am Mittwoch verhaftete die Polizei in Hamburg einen 69-Jährigen, der die damals 35-Jährige in der Tilsiter Straße in Sindelfingen erstochen haben soll. Der Mann saß bereits wegen eines anderen Tötungsdelikts und einer Erpressung im Gefängnis.
Lesedauer: ca. 3min 37secAm Freitag, 14. Juli 1995 wird die 35-jährige Brigitta Jacobi in Sindelfingen erstochen. Um 23.28 Uhr stempelt sie an ihrer Arbeitsstelle bei einem Hersteller für Damenmode aus, macht sich auf den Heimweg nach Stuttgart, läuft Richtung S-Bahn und wird in der Tilsiter Straße überfallen. Der Täter sticht über 20-mal zu.
Zwei US-Amerikaner, die zu Besuch in Deutschland sind, beobachten, wie die Frau attackiert wird. Sie vermuten, dass es nur um einen Streit geht, fahren vorbei, wenden dann aber und kommen zurück. Jetzt begreifen die Männer, dass vor ihren Augen ein Verbrechen geschieht. Sie sehen den Täter, der in einen hellen, zweitürigen Kombi ohne Fenster im hinteren Bereich einsteigt. Einer der Männer holt Hilfe.
Zeugen sehen einen
schwarzen Honda
Weitere Zeugen tauchen mit einem roten BMW auf und schätzen die Situation falsch ein, vermuten einen Verkehrsunfall und fahren zu einer Telefonzelle, um einen Krankenwagen zu rufen. Auch sie machen eine Beobachtung, die für die Polizei bedeutend ist. Als sie an der vermeintlichen Unfallstelle vorbeikommen, sehen sie am Straßenrand einen schwarzen Honda CRX. Als sie zurückkommen, ist dieser nicht mehr da. Dieser könnte einem weiteren Zeugen gehören.
Die Landespolizeidirektion Stuttgart bildet die Soko „Tilsit“, die nach drei Monaten in Ermittlungsgruppen aufgeteilt wird, sucht nach Spuren und befragt vor allem die Teilnehmer einer Vertretertagung der Firma Herbalife, die am nächsten Tag in der Nähe stattfindet. Auch bleibt die Tatwaffe verschwunden.
Der heute 69-Jährige, der zur Tatzeit laut SWR-Nachrichtenredaktion in Böblingen wohnte, war damals nicht in den Fokus der Ermittler geraten. Doch Mord verjährt nicht. Auch nach einem vorläufigen Abschluss der Ermittlungen kommt die Akte wieder auf den Tisch.
Im Rahmen einer solchen Überprüfung wurde eine damals am Körper des Opfers gesicherte DNA-Mischspur im Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamts Baden-Württemberg erneut untersucht. Das Ergebnis erhärtete den Tatverdacht gegen den 69-Jährigen. Akribische Ermittlungsarbeit, der sprichwörtliche lange Atem und nicht zuletzt die stetig fortschreitende Weiterentwicklung im Bereich der DNA-Analyse führte die Kriminalpolizei zum Erfolg. Die folgenden Ermittlungen führten die Kriminalpolizei nach Hamburg, wo der Tatverdächtige zwischenzeitlich wegen eines weiteren Tötungsdelikts und einer Erpressung eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt hatte. In enger Zusammenarbeit mit der Polizei Hamburg machte die Kripo den 69-Jährigen in einer Schrebergartensiedlung ausfindig. Hamburger Spezialkräfte und Zielfahnder des Stuttgarter Landeskriminalamts nahmen ihn in einem von ihm bewohnten Gartenhaus widerstandlos fest: Haftbefehl wegen Mord.
Kriminaldirektor Mathias Bölle, Leiter der Kriminalpolizeidirektion Böblingen: „Dieser Fall zeigt uns einmal mehr, zu welch herausragenden Ergebnissen die hartnäckige und intensive Arbeit unserer Kollegen im Zusammenspiel mit modernen kriminaltechnischen Methoden führen kann.“ Er würdigte auch die sehr gute Zusammenarbeit mit der Polizei Hamburg, deren Unterstützung maßgeblich zu diesem Erfolg beigetragen habe.
Im Kreis Böblingen
bleiben Morde ungeklärt
Am 15. April 1986 macht ein Spaziergänger gegen 16 Uhr einen grausigen Fund im Magstädter Hölzertal. Er entdeckt die Leiche der 17-jährigen Angelika Steudle im Wald, einzelne Kleidungsstücke liegen neben ihr. Sie wurde missbraucht und zwischen 23.30 Uhr und 3 Uhr morgens mit drei Messerstichen umgebracht.
Die Ermittler finden die Visitenkarte eines Mannes und außerdem eine unbekannte DNA-Spur. Die Soko „Steudle“ zeichnet den Weg des Mädchens nach. Sie ist als Tramperin von Aalen nach Calw unterwegs, will zu ihrem Freund, der sie kurz zuvor verlassen hat. Sie wird von verschiedenen Autofahrern über Essingen, Schwäbisch Gmünd, Schorndorf, Fellbach und Bad Cannstatt nach Ludwigsburg mitgenommen. Dort wird sie zum letzten Mal gesehen, als sie in einen Mercedes einsteigt. Die Ludwigsburger Polizei lässt 2000 Halter dieses Typs vorfahren. Auch die Visitenkarte bringt die Polizei nicht weiter. Sie gehört dem Mann, der Angelika Steudle von Aalen nach Essingen mitgenommen hatte. Die Tatwaffe bleibt verschwunden. Im Magstädter Wald gibt es nicht einmal brauchbare Reifenspuren. 2009 wird wenige Tage nach dem Todestag ein Granitstein am Fundort der Leiche mit seltsamen Schriftzeichen entdeckt. Eine Frau hatte ihn zufällig dort abgelegt. Der Stein hat absolut nichts mit der Tat zu tun.
Jede Menge potenzielle Zeugen gibt es zum Mordfall Maria Klumpp. Am 18. Dezember 1988 wird die 83-Jährige um 18.30 Uhr mit dem eigenen Halstuch erdrosselt in ihrer Wohnung in der Neuköllner Straße in Leonberg gefunden. Sie lebte so gut wie ohne Kontakt zu ihren Nachbarn in der 13. Etage des 20-stöckigen Hauses gegenüber des Leo-Centers. Am Vortag wurde sie um 20.30 Uhr lebend gesehen. Die rote Geldbörse der Rentnerin fehlt. Ansonsten: keine Spuren, keine Fingerabdrücke. Es dauert Tage, bis alle Bewohner des Hochhauses befragt sind. Rätselhaft ist der Mordfall Siegfried Binder. Am 25. August 1991 finden Spaziergänger den Toten um 13 Uhr auf einem Waldweg bei den Hinterlinger Seen in Sindelfingen nahe der alten B 14. Er liegt dort schon zwei Tage lang nackt auf seinem Handtuch, von einem stumpfen Gegenstand erschlagen. Kein Geldbeutel, kein Ausweis. Neben Binder liegt sein Fahrrad. 18 Beamte ermitteln monatelang, erkundigen sich im Bekanntenkreis und bei seiner Arbeitsstelle beim Sindelfinger Friedhofsamt, auch im Verein, wo der 35-Jährige sehr aktiv war. Ohne Erfolg. Es gibt keine Augenzeugen, und die Mordwaffe bleibt verschwunden.