Magische Momente über dem Feld

Nachts über die Felder zu wandern, dabei Natur und Sterne zu betrachten, das hat was! Besonders, wenn es dabei auch noch eine Mondfinsternis zu beobachten gibt. Wenn aber genau in diesem Moment die ISS-Raumstation über den Mond hinwegzieht, das ist magisch.

Von Andreas Denner

Lesedauer: ca. 3min 05sec
Die partielle Mondfinsternis ermöglichte ein ungewöhnliches Schauspiel am HimmelGB-Foto: Sabine Schöllkopf

Die partielle Mondfinsternis ermöglichte ein ungewöhnliches Schauspiel am HimmelGB-Foto: Sabine Schöllkopf

„Mein Name ist Timo Olbrich“, stellt sich der Führer für die nächsten Stunden im Haslacher Feuerwehrgerätehaus vor. Er biete öfters Naturführungen an als Mitglied bei der Vereinigung der Naturführer im Heckengäu. Für die Wanderung gebe es gleich zwei besondere Anlässe. Eine Mondfinsternis sei zu beobachten, und es jähre sich zum 50. Mal der Tag, an dem die Apollo-Astronauten Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins sich zur ersten Mondlandung aufgemacht hätten.

Als Präsident Kennedy in seiner berühmten Rede forderte, die USA müssten innerhalb eines Jahrzehnts einen Mann auf dem Mond haben, sei es, so die Meinung Olbrichs, gar nicht um die Eroberung des Weltalls gegangen, sondern um die Entwicklung von Langstrecken-Raketen. Nachdem Russland den Sputnik-Satelliten gestartet hatte, hätten die Amerikaner erkannt, dass die Sowjetunion jeden Punkt der Erde erreichen könne. Was, wenn sie dabei eine Atombombe transportierten? So sei der Weltraum-Wettlauf entstanden.

Die Wanderung beginnt. Warum eigentlich, im Feuerwehrhaus war es doch recht gemütlich? „Wegen der Lichtverschmutzung“, erklärt Olbrich, „hier auf den Feldern ist es viel dunkler, da sieht man die Sterne besser.“ Überhaupt sei ganz Europa nachts hell erleuchtet, seit dem Aufkommen der LED-Lampen sei es noch viel schlimmer geworden.

Tatsächlich! Auf den Feldern wird es sichtbar dunkler, der Mond leuchtet knapp überm Horizont dunkelrot. Das, erklärt der Guide, sei der gleiche Effekt wie bei der Sonne, wenn sie auf- oder untergeht. Stehe der Himmelskörper hoch über den Köpfen, müssten die Lichtstrahlen nur ein paar Kilometer durch die Atmosphäre dringen. Gehe die Sonne unter, schaut man durch Hunderte Kilometer Luft zu ihr. Die blauen Lichtanteile werden abgelenkt, die roten weniger.

Langsam steigt der Mond höher, links oben zeigt sich eine Delle, die sich rasch vergrößert. Wie kommt es zu einer Mondfinsternis? Das malt Olbrich kurzerhand mit Kreide auf ein Scheunentor. Die Erde kreist um die Sonne, der Mond um die Erde. Steht die Erde zwischen Mond und Sonne, fällt ihr Schatten auf den Erdtrabanten. Steht der Mond aber zwischen Sonne und Erde, gibt es eine Sonnenfinsternis. Doch dabei müsse man die Größenverhältnisse beachten. Die Sonne auf dem Scheunentor misst einen Meter im Durchmesser, die Erde ist apfelsinengroß, der Mond dagegen nur eine Stecknadel. Deshalb gerät er oft in den Schatten der Erde, umgekehrt ist sein Schatten nur ein kleiner Punkt auf der Erdoberfläche. Darum kann eine Mondfinsternis auf der ganzen Erde gesehen werden, die Sonnenfinsternis aber nur in einem kleinen, schmalen Streifen.

Die Teilnehmer wandern weiter, beobachten den immer größer werdenden dunklen Fleck auf dem Mond, lernen die Sterne kennen. Gleich neben dem Mond taucht Jupiter hellstrahlend auf, zu sehen ist der Große Wagen und der Polarstern, der gar nicht so hell ist, wie immer gesagt. Aber er steht wie festgenagelt immer im Norden, der Rest des Himmels scheint sich um ihn herumzudrehen. Die Wanderer kommen über die Galaxie Cassiopeia zum Sternbild Schwan. Die Mitwanderer sind gebannt, immer ruhiger wird es.

Raumstation ISS taucht am
Nachthimmel auf

Es ist bereits 23 Uhr, da packt Timo Olbrich noch ein Schmankerl aus! „In wenigen Minuten wird die Raumstation ISS über uns erscheinen.“ Fassungsloses Staunen. Wie hoch fliegt sie? Wie kann man sie erkennen? Olbrich: „Sie fliegt rund 400 Kilometer hoch und sieht aus wie ein Flugzeug, nur kann man keine Positionslichter erkennen.“ Und wirklich: Um 23.06 Uhr taucht sie am südwestlichen Nachthimmel auf. Ein heller Punkt, der zügig Richtung Südosten wandert. Warum so hell? „Wie der Mond“, erklärt Olbrich, „wird auch die ISS von der Sonne angestrahlt. Man sieht das so gut, weil die ISS riesige Sonnensegel hat.“

Mit offenem Mund verfolgen die Teilnehmer, wie die ISS über den Mond hinweg ihren Weg Richtung Osten nimmt. Magische Momente, bevor sie nach zehn Minuten wieder hinterm Horizont verschwindet. Auch die Wanderer sind am Ausgangspunkt zurück. Auf der Heimfahrt scheint der nun wieder zunehmende Mond durchs Autofenster. Irgendwie sieht man nun den alten Freund mit ganz neuen Augen!

Die Wanderer beäugten von Haslach aus das Spektakel am Himmel GB-Foto: Denner

Die Wanderer beäugten von Haslach aus das Spektakel am Himmel GB-Foto: Denner

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Erstellt:
18. Juli 2019

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