Schwäbisch in der Kita

Die „Muttersproch-Gsellschaft“ hat den Anfang gemacht, die Südbadener gehen bereits in die Kindergärten, um den Allerkleinsten die alemannische Mundart näherzubringen. Die Schwaben ziehen nach. Der Startschuss für das Pilotprojekt fiel nun im Affstätter Kinderhaus an der Raingasse.

Von Rüdiger Schwarz

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Mit Äffle und Pferdle: Wolfgang Wulz wird zum Puppenspieler GB-Foto: Holom

Mit Äffle und Pferdle: Wolfgang Wulz wird zum Puppenspieler GB-Foto: Holom

Wolfgang Wulz, Mitbegründer des Arbeitskreises „Mundart in der Schule“, betritt an diesem Morgen Neuland. Bis dato hat sich das Projekt auf Schulen konzen-
triert. „Wir haben in Baden-Württemberg pro Jahr rund 60 Veranstaltungen an Schulen. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, weiß Wulz. Es sind vor allem die persönlichen Beziehungen, die diese von Mundart-Künstlern geleistete Kulturarbeit tragen helfen. Die Künstler pflegen die Kontakte, die sie zu den Schulen aufgebaut haben. So ist mit der Zeit ein Netzwerk entstanden.

Derweil sind in der alemannischen „Muttersproch-Gsellschaft“, die 2003 zusammen mit dem Verein „schwäbische mund.art“ den Arbeitskreis „Mundart in der Schule“ aus der Taufe gehoben hat, Stimmen laut geworden, das Projekt auf die Kitas auszuweiten. „Es ist ein großes Experiment“, betont Wulz. Mit Fünftklässlern kennt sich der ehemalige Gymnasiallehrer aus, da ist er Klassenlehrer und gleichzeitig der „Papa“ gewesen. Mittlerweile hat der Gültsteiner gelernt, kindgerechter zu arbeiten: Er ist auch an Grundschulen unterwegs.

Wulz wird zum Puppenspieler. Äffle und Pferdle. Die beiden schwäbischen Zeichentrickhelden sind Gold wert. Dass die Sympathieträger ein Revival erleben, spielt Wulz in die Hände. Sein junges Publikum kennt die beiden Gesellen, obwohl die gut 60 Jahre auf dem Buckel haben. Also geht die Reise in die Landeshauptstadt, zum Fernsehturm und damaligen Süddeutschen Rundfunk, dorthin wo das Pferdle und Äffle geboren wurden. Wulz hat das Kultduo als Handpuppen dabei.

Nach dem launigen und kurzweiligen Puppenspiel zündet der Gültsteiner die „Motivationsphase“. Eine Zeichnung lässt keine Zweifel aufkommen: Äffle und Pferdle haben einst die Ranzen geschultert, um zur Schule zu gehen. Die Vorschulkinder werden es ihnen bald gleichtun. Schwupps ertönt schon der Ohrwurm des ungleichen Paars: „Das isch der Hafer- und Bananenblues“.

Breschdleng, Deez
und Zenga erklärt

Mit Musik und Tanz lernen nicht nur die Kleinen, sondern auch so mancher ihrer großen Betreuer die Begriffswelt des Schwäbischen besser kennen. Man singt zusammen das Kinderlied „Widele wedele hinterm Städele“. Wenn die Kinder nun geschärften Blickes durch den Ort streifen, entdecken sie vielleicht noch ein „Städele“, sprich eine alte Scheuer oder kleine verfallene Hütte. Wulz hat das Kinderlied im Dialekt der rauen Alb, frisch auf die neue CD des Mundart-Liedermachers Thomas Felder gepresst, zu bieten. „Ich mache ja nur Honoratiorenschwäbisch“, merkt er schmunzelnd an. Auch den „Grüffelo“ gibt es auf Schwäbisch und die Aufklärung, was ein „Deez“, ein „Breschdleng“ oder ein „Zenga“ bedeuten.

Vom Ortsnecknamen-Experten wissen die Knirpse, warum die Affstätter als „Mondlöscher“ und ihre Nachbarn, die Kuppinger, als „Mondfänger“ verschrien sind. Die Kinder hält es über eine Stunde bei der Stange. Der Testlauf ist geglückt. Bleibt die Frage, wer ihn fortsetzen könnte. „Wir sind offen, haben aber kaum Personal. Es bräuchte Erzieherinnen, die eine Beziehung zum Schwäbischen haben“, meint Wolfgang Wulz. Er hat da etwa die Erzieherinnen, die an der Hilde-Domin-Schule ausgebildet werden, im Blick.

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Erstellt:
2. August 2019

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