Kam es bei einer Kälberauktion in Herrenberg zu Verstößen gegen das Tierschutzgesetz? Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat diese Frage verneint und eine Anzeige der Tierschutzorganisation Peta gegen die Rinderunion Baden-Württemberg deshalb verworfen.
Bei der Kälberauktion im Februar 2019 demonstrierten Peta-Aktivisten (rechts im Hintergrund) GB-Foto (Archiv): Holom
Die von Peta beanstandete Kälberauktion in Herrenberg liegt nun fast schon ein Jahr zurück. Die Tierschutzaktivisten hatten damals Fotos und Videos angefertigt und Anzeige erstattet. Nun kam die Staatsanwaltschaft zum Schluss, dass kein Anfangsverdacht gegen den Veranstalter der Kälberauktion – die Rinderunion Baden-Württemberg – bestehe. Das Ermittlungsverfahren wurde deshalb eingestellt.
Peta hatte den Mitarbeitern der Rinderunion vorgeworfen, wenige Wochen alte Rinder mit Schlägen auf Kopf und Rücken traktiert und sie an ihren empfindlichen Schwänzen gezerrt zu haben. Ein völlig verängstigter Jungbulle habe zu fliehen versucht, sei über die hohe Metallabsperrung seines Geheges gesprungen und habe sich dabei eine Verletzung an der Nase zugezogen. Peta erkennt deshalb in den Kälberauktionen „tierquälerische Veranstaltungen“, weil die Rinder dabei zu Gegenständen degradiert würden. Wenn den Tieren bei diesen Kälberauktionen erhebliche Schmerzen und Leid zugefügt würde, läge tatsächlich eine Straftat vor, sagte Heiner Römhild, Pressesprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, auf „Gäubote“-Anfrage. Die Strafverfolgungsbehörde legte die Videoaufzeichnungen dem Böblinger Veterinäramt vor. Die Veterinärmediziner verfechten indes die These, es seien keine Anzeichen zu erkennen gewesen, dass die Tiere bei der Kälberauktion Schmerzen erlitten hätten. Auf den Videos seien zwar teilweise ängstliche Rinder zu sehen, die „Erheblichkeitsschwelle“ sei aber nicht erreicht worden, so lautete die Einschätzung des Veterinäramtes in der gutachterlichen Stellungnahme. Und grundsätzlich, so ergänzt Staatsanwalt Heiner Römhild, sei es legal, Tiere zu transportieren und bei einer Auktion zu verkaufen.
Die in Herbertingen (Landkreis Sigmaringen) beheimatete Rinderunion sieht sich in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. „Wir haben uns durch die polemische Vorgehensweise von Peta und durch die haarsträubend zusammengeschnittenen Videosequenzen ungerecht behandelt gefühlt und haben uns keiner tierschutzrechtlichen Verfehlungen schuldig gemacht“, sagt Dr. Alfred Weidele, der Geschäftsführer der Rinderunion, die an drei verschiedenen Orten in Baden-Württemberg – in Herrenberg, Donaueschingen und Ilshofen – als Kommissionär die Auktionen organisiert. Dabei verkaufen die Landwirte die zumeist männlichen Rinder, die zwischen sechs und acht Wochen alt sind. Pro Monat findet in Herrenberg eine Auktion statt, bei der rund 200 bis 250 Rinder den Besitzer wechseln. Die Tiere gelangen dann in die Mast und werden später geschlachtet.
Geschäftsführer: „Wir habeneinen Imageschaden erlitten“
Die Rinderunion lässt nun von einem Anwalt prüfen, ob sie rechtliche Schritte gegen die Tierschutzorganisation einleitet. „Wir haben einen Imageschaden erlitten. Eswar klar, dass mit der Anzeige das Ziel erreicht werden sollte, uns zu diskreditieren“, sagte Dr. Alfred Weidele.
Doch auch für Peta ist das Verfahren möglicherweise noch nicht zu Ende. Die Tierschutzorganisation versucht nun, über ihren Rechtsanwalt Akteneinsicht in das Verfahren zu erhalten. Danach werde man entscheiden, ob man gegen den ausführlich begründeten Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Stuttgart Beschwerde einlege, erklärt Dr. Edmund Haferbeck, der bei Peta die Wissenschafts- und Rechtsabteilung leitet. Der Bescheid bestätige zwar, dass auf den Videosequenzen „ängstliche und flüchtende Tiere“ zu erkennen seien, sehe aber die „Erheblichkeitsschwelle“ bei dieser legalen Veranstaltung nicht als gegeben an.