Sternekoch mit Rezepten nicht nur fürs Essen
Fantastisch kochen kann Harald Wohlfahrt – schließlich hat er 25 Jahre lang als Küchenchef der Schwarzwaldstube in der Traube Tonbach in Baiersbronn drei Sterne im Guide Michelin gehalten. Dass zum Gourmetkoch außer Kochrezepten und Talent weit mehr gehört, das ergibt sich in einer Talk-runde in der Entringer Firma Design Tech.
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Auftakt zum Design Talk: Jürgen R. Schmidt (von links) begrüßt Harald Wohlfahrt und Frau SlavkaGB-Foto: Bäuerle
Zu dieser Talrunde ihr gehört neben dem 64-jährigen, in Tonbach lebenden Meisterkoch auch Firmenchef Jürgen R. Schmid und Moderator Markus Brock, Journalist beim SWR. Und der lenkt, nach einer heiteren Lockerungsübung unter Anleitung von Massimo Schmid, das Gespräch in eine Richtung, welche die geladenen Gäste, Unternehmensleiter und Geschäftspartner aus ganz Deutschland, interessieren könnte: Es geht um den Umgang mit Produkten, mit Kunden und ganz besonders: mit Mitarbeitern.
Zunächst eine vorsichtige Annäherung: „Du bist irre viel unterwegs, seit dem unschönen Ende in der Traube Tonbach“, lockt der Moderator den Sternekoch. Festspielhaus Baden Baden, 2800 Gäste bewirten bei der Taufe eines Kreuzfahrtschiffs in Hamburg – mit Großprojekten dieser Art ist Wohlfahrt gut ausgelastet: „Es gehört mehr dazu, als eine Speisekarte zu schreiben,“ erzählt er, „da fließt jahrzehntelange Erfahrung ein. Ich brauche für die Heimfahrt das Gefühl, ich habe denen geholfen.“
Harald Wohlfahrt plaudert gern und schnell, fast als liefe ihm die Zeit davon, jeder Satz klingt effizient – so wie man sich auch seine Tätigkeit als Leiter der Schwarzwaldstube vorstellen mag. „Ich habe meine Leute gepflegt“ umschreibt er sein Rezept, „das ist vergleichbar mit dem Trainer einer Spitzenmannschaft.“ 16 angelernte Köche gehörten zuletzt zu seinem Küchenstab, und es herrschte, wie Moderator Brock aufgrund eigenen Augenscheins anmerkt, „ein ruhiger Ton, eine hochkonzentrierte Atmosphäre“. Es geht Wohlfahrt um den guten Umgang mit Menschen, darum, sie in die Gruppe, ins Team einzuarbeiten: „Alles muss zusammenpassen.“ Immerhin waren von zehn heutigen Sterneköchen sechs bei Harald Wohlfahrt gewesen. Design-Tech-Chef Jürgen R. Schmid weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, gute Leute zu finden: „Nach einem Studium können die nichts, was wir brauchen“, klagt er. Hauptarbeit eines Teamleiters sei auch in seinem Hause, „die Leute zu entwickeln, damit Spitzenleistung herauskommt“.
Die Entstehung von Gourmetspeisen wie auch gutem Maschinendesign beruht also auf einem Prinzip, das schon beim Bau von Kathedralen galt: Viele Spezialisten sind am Werk, ein Meister fügt alles zusammen.
Doch wie wurde aus dem Kochlehrling ein Sternekoch, bei dem man die Leidenschaft für die Zubereitung guter Mahlzeiten so sehr spürt? „Ich bin bei meinen Großeltern in der Landwirtschaft aufgewachsen,“ erzählt Wohlfahrt, „da lernte ich viel über die Herkunft der Produkte.“ Es gehe um den sorgfältigen Umgang mit Lebensmitteln, führt er weiter aus, „ich habe mit Euphorie gekocht, habe diese Aufgabe gelebt.“
„Ist Kochen nicht auch eine Kunst?“ fragt der Moderator. Wohlfahrt stimmt zu: Er gibt zwar den Teller vor, die Kreativität im Team sei aber auch gefragt. Dazu gibt Schmid eine Anekdote zum Besten: „Eine Mitarbeiterin stellte einmal Parmesan in Tupper auf den Tisch. Da raste ich aus!“
„Was essen Sie gern?“ möchte man in der Fragerunde gern wissen. „Seniorenteller habe ich früher belacht, heute reicht es mir“, erzählt der Sternekoch fröhlich. Er schätzt sorgsam zubereitetes Fleisch, aber nicht jeden Tag. Sein persönliches Kochvergnügen schildert er so: „Es ist ein Spiel am Herd mit Produkten – wie das Spiel eines Pianisten am Klavier.“ Von Fast-Food-Lokalitäten hält er sich fern. „Ich liebe Königsberger Klopse, aber es muss was Ordentliches drin sein.“ Mit veganem Essen hat er seine Probleme: „Wie soll ich ein siebengängiges Menü gestalten, ohne dass es langweilig wird? Es gibt heute vieles, was böse ist.“ Seine Speisekarten entwickelt er entsprechend den Jahreszeiten, „meine Aufgabe ist, Veränderung und Bewährtes zu vereinen“. Über den Tellerrand blicken, etwas lernen – das ist die Intention der Talkreihe in den Räumen von Design Tech seit 2004 als der Designer Luigi Colani zu Gast war. „Was für eine Vorlage bekommen wir heute!“ schwärmt Brock am Schluss des Gesprächs.